Deutsche Polizisten überwachten lange Zeit Anstand und Moral. Die Sittenabteilungen der Polizei überlebten viele Regimewechsel und Umbrüche. Eine zweiteilige Dokumentation über die Jagd nach Sittenverbrechern und das Verhältnis von Gesellschaft, Macht und Sex.
Locker, sexy und freizügig sind die 1920er-Jahre. Im Sündenbabel Berlin feiert die Weimarer Republik, als gäbe es kein Morgen. Auf der anderen Seite laufen Kirche, Konservative und Sittenwächter Sturm gegen Pornografie, Prostitution und Homosexualität. Die Sittenpolizei soll durchgreifen.
In Berlin leben Transvestiten Anfang der 30er Jahre ihre Neigungen offen aus. Doch mit dem NS-Regime regiert zunehmend Willkür. Polizisten können ohne Strafverfahren "Asoziale" einweisen. Gleichzeitig schafft der NS-Staat ein Netz an Bordellen. Doppelmoral und willkürliche Verfolgung werden zum System.
Nach dem Krieg ändern sich Gesetze und Methoden kaum. Kirchliche Organisationen machen zusätzlich Front gegen die Sittenlosigkeit. Bei der Überwachung der Sitten gehen beide deutsche Staaten eigene Wege.
In den 1960ern setzen sexuelle Revolution, neue Gesetze und Skandale die Sittenpolizei unter Druck. Sexuelle Freiheit ist das Gebot der Stunde. Erotik und Pornografie überschwemmen das Land. Die Beamten müssen ihre gesellschaftliche Rolle immer mehr hinterfragen.
Mit den Zeiten ändern sich auch die Gesetze. Im Gegensatz zur Bundesrepublik streicht die DDR schon früh den Homosexuellenparagraphen 175 aus der Kaiserzeit. Pornografie und Prostitution bleiben jedoch verboten. Abseits der Öffentlichkeit teilen sich Polizei und Stasi die Aufgaben bei der Verfolgung von Sittlichkeitsverbrechen.
In der Bundesrepublik lösen sich die Sittenabteilungen bei der Polizei in den 70er Jahren zunehmend auf. Mit den 80er Jahren ist Schluss. Die Polizei als Sittenwächter – viele Jahrzehnte gilt das als selbstverständlich. Diese Zeiten sind vorbei. Heute ermitteln Landeskriminalämter bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung.
Sendetermine: 27.05.2023 | 20:15 Uhr | ZDFinfo
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