Die 21-jährige Kanadierin Aisha Ross ist seit drei Wochen und über 600 Kilometern auf dem Jakobsweg unterwegs. Auf der Route hat sie zwei Spanier, Angel und David, kennengelernt. Ihr Wandererlebnis verändert sich nach dem Städtchen Sarria enorm. „Es ist einfach klaustrophobisch“, sagt Aisha. „Wir versuchen, Platz zu finden, um überhaupt weiterzukommen.“ Die meisten aller Jakobsweg-Pilger starten ab Sarria – und es werden immer mehr: Im Laufe der letzten zwanzig Jahre haben sich die Zahlen versechsfacht. Ein Pilger-Rekord jagt den nächsten.
Für die Einheimischen in Santiago wird der Ansturm auf ihre Stadt zur Belastung. Große Pilgergruppen feiern ihren Einzug häufig mit lautstarkem Jubel, Gesang oder gar Musikinstrumenten. Beatriz Asorey kritisiert, dass der Lärm vor ihrer Haustür sie häufig aus dem Schlaf reiße. Die Stadtverwaltung von Santiago reagiert auf die Beschwerden der Anwohner mit einer Kampagne: Sogenannte Informationsvermittler sollen nicht nur den Lärm messen, sondern die Pilger für das Problem sensibilisieren und somit langfristig für Ruhe und Ordnung sorgen.
Abseits der Touristen-Massen, in einem kleinen Dorf namens Villafranca del Bierzo, steht eine der traditionsreichsten Herbergen des Jakobswegs: die Ave Fenix. Hier ist von der zunehmenden Kommerzialisierung des Jakobswegs nichts zu spüren. Der 84-jährige Herbergsvater Jato heißt jeden Willkommen, mit oder ohne Geld: „Einem Pilger eine Herberge zu geben, ist wie Gott selbst eine Herberge zu geben“, erinnert sich Jato an die Worte seiner Großmutter. Wie lange wird es derartige Zufluchtsorte noch geben?
Sendetermin: 26.11.2024 | 19:40 | ARTE
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