ARTE Re: Brot für das Volk – die Türkei in der Lebensmittelkrise

ARTE Re: Brot für das Volk – die Türkei in der Lebensmittelkrise

Die Istanbulerin Çiçek Yiğit macht im Moment vor allem eines – Schulden. Die dreifache Mutter und ihr Mann gehören eigentlich zur Istanbuler Mittelschicht. Früher lebten sie gut mit dem Verkauf von Damenbekleidung. Doch mit der Inflation sind die Verkäufe eingebrochen. „Die Menschen haben kaum noch Geld“, klagt Çiçek. Ohne Einnahmen werden für die Familie einfache Dinge wie Miete und das tägliche Brot zu teuer. Sie sind auf staatlich subventioniertes Brot von der städtischen Marke Halk Ekmek angewiesen - übersetzt: Volksbrot. Sie sind nicht die einzigen. Vor den Halk-Ekmek-Verkaufsständen der Stadt bilden sich immer längere Schlangen.
Eigentlich produziert die Türkei jedes Jahr rund 20 Millionen Tonnen Weizen selbst. Doch dieser Ertrag nimmt seit Jahren ab. Im Hinterland der Schwarzmeerküste baut Landwirt Sadik Turan auf 45 Hektar Land vor allem Weizen an. Obwohl der derzeit so heiß begehrt ist, sind seine Aussichten für dieses Jahr düster. Weil sich der Preis für Dünger im letzten Jahr vervierfacht hat, konnte Turan in den letzten Monaten viel zu wenig düngen. Zudem explodiert der Preis für Diesel. Eine Dürre im letzten Jahr hat viele Bauern in den Ruin getrieben. Nun hofft Turan auf Regen, staatliche Hilfen und ordentliche Preise an der Weizenbörse.
Hinzu kommt die schwierige Versorgungslage aufgrund des Kriegs in der Ukraine – einem der größten Weizenexporteure der Welt. Das bekommt Özgen Nama zu spüren, er muss schon jetzt Mehl-Nachschub für den Winter organisieren. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende von Halk Ekmek und Mitglied der Partei CHP, die seit drei Jahren Istanbul regiert, will die Brotmarke zum sozialen Vorzeigeprojekt der türkischen Opposition machen. Bald will er die vierte Istanbuler Halk Ekmek-Brotfabrik in Betrieb nehmen, sie soll die größte der Türkei werden. Zur Eröffnung erwartet er die Führung der türkischen Opposition – die Brotversorgung in der Türkei ist politisch hochbrisant geworden.

Sendetermin: 07.09.2022, ARTE Re:

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